
Vechta. Mehr als 3,5 Millionen Kinder in Deutschland sind von der psychischen Erkrankung ihrer Eltern betroffen, Tendenz steigend. Das sagte Vechtas Erster Kreisrat Hartmut Heinen vor den 130 Teilnehmenden des Fachtags „Gemeinsam hilfreich. Kinder psychisch belasteter Eltern interdisziplinär unterstützen“, der jetzt organisiert vom Landescaritas Verband und dem Landkreis Vechta stattfand. Eine deutliche Zunahme erlebe der Landkreis Vechta auch im Bereich der Kindeswohlgefährdungen. Insbesondere durch Elternkonflikte unter Drogeneinfluss, so Heinen weiter. Jedes Kind von psychisch kranken Eltern habe ein drei bis vierfach erhöhtes Risiko, selbst zu erkranken, so Heinen.
15 Prozent aller Frauen erkranken vor, während oder nach der Schwangerschaft an Depressionen, zwölf Prozent an Angststörungen. Das machte Referentin Sabine Wagenblass deutlich. Auch fünf Prozent aller Väter entwickeln nach der Geburt ihres Kindes eine behandlungsbedürftige Depression, so die Bremer Professorin für Geschichte und Theorien der Sozialen Arbeit. Mit Folgen für die Heranwachsenden. Denn: „Niemand ist alleine krank“, zitierte Wagenblass. Immer sei die ganze Familie belastet.
Jungen und Mädchen erlebten bei ihren psychisch kranken Müttern und Vätern Rückzug und Antriebslosigkeit, Unberechenbarkeit oder eingeschränkte Feinfühligkeit. Was sie dagegen bräuchten, sei ein „Kreis der Sicherheit“. Ein deutliches Stadt-Land-Gefälle beklagte die Referentin im Bereich von spezialisierten Angeboten für psychisch kranke Eltern. Auch gebe es einen Nachholbedarf an Hilfsmöglichkeiten für werdende Väter.
Während die Kindheit von 0 bis 12 früher eine „Black Box“ gewesen sei, habe sich dies 2006 mit dem Tod des zweijährigen Kevin aus Bremen geändert. Kindheit gelte seither als „sensible Periode“. Doch wie kann man psychisch kranke Eltern entlasten? Neben der medizinisch-therapeutischen Behandlung seien Haushaltshilfen oder verlässliche Bezugspersonen wertvoll. Ein Hilfesystem alleine könne den Bedarf jedenfalls nicht decken. Wagenblass: „Wir brauchen viele.“ Veranstalter des Fachtages war der Landes-Caritasverband gemeinsam mit dem Landkreis Vechta.
Wer Hilfe oder weitere Infos benötigt, kann sich per E-Mail an Rita Schute vom Landes-Caritasverband (schute@lcv-oldenburg.de) oder Gerda Stolle vom Landkreis Vechta (2144@Landkreis-vechta.de) wenden.