pm/tka Friesoythe.
Die vom St. Marien-Hospital in Friesoythe angekündigte Schließung der Geburtshilfe-Abteilung zum 31. Oktober aufgrund von Fachkräftemangel schlägt weiter hohe Wellen. In einem offenen Brief an die Klinikleitung kritisieren die vier Bürgermeister der Nordkreis-Kommunen die Entscheidung.
„Sie werden verstehen, dass die Nachricht von der Schließung der Geburtenstation bei uns und unseren Gemeinde- und Stadträten große Bestürzung ausgelöst hat. Diese Nachricht beschäftigt viele Menschen in unseren Kommunen”, schreiben die Bürgermeister Sven Stratmann (Friesoythe), Nils Anhuth (Barßel), Hermann Block (Bösel) und Thomas Otto (Saterland) an die beiden Geschäftsführer des Friesoyther Krankenhauses Nadine Krefeld und Bernd Wessels.
Am Morgen des 20. September – kurz vor der öffentlichen Bekanntgabe der Entscheidung – war Bürgermeister Sven Stratmann über die bevorstehende Schließung der Geburtenstation des St. Marien-Hospitals informiert worden. Die anderen Bürgermeister der Nordkreiskommunen seien nicht unmittelbar in Kenntnis gesetzt, sondern hätten die Nachricht der Presse entnommen bzw. vor einer Woche eine schriftliche Erläuterung bekommen, wie sie wohl allen Kommunalpolitikern im Nordkreis zugegangen sei, heißt es in dem Brief weiter.
Schließung einer von weiteren Schritten?
„ Es stellt sich die berechtigte Frage, ob die Schließung ein erster von weiteren Schritten zur Reduzierung der gesundheitlichen Nahversorgung darstellt. Darüber hinaus ist es aber auch für uns von grundlegender Bedeutung, wie sich die Gesundheitsversorgung in unseren Gemeinden/unserer Stadt in Zukunft entwickeln kann und wird und wo wir hier positiv Einfluss nehmen können”, schreiben die Bürgermeister. „Wir wissen, dass wir den Ärztemangel in ländlichen Regionen für unsere Bereiche nicht ,ausschalten‘ können. Wenn wir als Kommunen bei solch elementaren Entscheidungen wie der Schließung einer Geburtenstation aber nur am Rande informiert werden, stellt sich die Frage, ob ein gemeinsames Bestreben überhaupt zielführend sein kann.”
Dabei sei auch von Bedeutung, dass eine Geburtenstation für die Menschen vor Ort eine andere Bedeutung hat als andere medizinische Disziplinen. „Überspitzt formuliert gibt es schon zu denken, wenn ein Krankenhaus in einem der geburtenstärksten Landkreise Deutschlands nicht in der Lage ist, eine Geburtenstation zu (er)halten, obwohl im benachbarten, deutlich geburtenschwächeren Landkreis Ammerland die gleiche Zahl von Betten vorgehalten werden kann wie bislang im hiesigen Landkreis”, so Sven Stramann, Nils Anhuth, Hermann Block und Thomas Otto.
„Mit uns als Standortkommunen fand vorher kein Austausch statt“
Es stelle sich also die Frage, ob im Vorfeld hinreichend und intensiv genug mit den umliegenden Kliniken und der Politik um eine Standortsicherung gerungen worden sei. „Mit uns als Standortkommunen fand dieser Austausch jedenfalls nicht statt.”
”Wir denken Sie pflichten uns bei, dass alle vier Nordkreiskommunen Anliegen und Begehren des St. Marien-Hospitals immer sehr aufgeschlossen und wohlwollend gegenüber standen. Wir alle sehen es als unseren Auftrag, das Krankenhaus zu fördern, um den Menschen in unserer Region eine Sicherheit bezüglich der gesundheitlichen Versorgung zu bieten. Das zeigt sich zum einen in der Mitgliedschaft aller vier Kommunen im Förderverein für das St. Marien-Hospital. Aber auch die erheblichen finanziellen Mittel, die über den Landkreis für die Erweiterung des St. Marien-Hospitals zur Verfügung gestellt werden sollen, wurden von uns immer mitgetragen.”
Auch wenn die Städte und Gemeinden nicht für die Krankhausversorgung zuständig seien – hier wird aufs Landeskrankenhausgesetzes zu verwiesen -, können und wollen die Kommunen im Hinblick auf den bevorstehenden gravierenden Einschnitt für werdende Eltern nicht untätig bleiben.
Hebammen auch zukünftig die Möglichkeiten für Angebote im St. Marien-Hospital geben
Um eine möglichst gute Begleitung werdender Eltern und der neugeborenen Kinder zu gewährleisten, fordern die vier Verwaltungschefs der Kommunen das Krankenhaus auf, den örtlichen Hebammen auch über den 31. Oktober hinaus die Möglichkeit zu geben, geburtsvorbereitende und –begleitende Angebote in Räumen des St. Marien-Hospitals durchführen zu können, so wie dies bislang auch der Fall gewesen sei.
„Selbstverständlich werden wir auch prüfen, welche Alternativen es zu einer in einer Klinik implementierten Geburtenstation gibt und ob wir hier als Kommunen ggfs. als Initiatoren auftreten können. Darüber hinaus möchten wir als Bürgermeister Vorsorge treffen, um ähnliche Entwicklungen wie bei der Geburtenstation bei anderen medizinischen Fachgebieten, die im St. Marien-Hospital vorgehalten werden, zu verhindern”, heißt es weiter. Dabei werben die Bürgermeister „vor allem um eine frühzeitige Information über sich anbahnende Probleme, um sich dann ggfs. mit vereinten Kräften für die Sicherung eines guten medizinischen Angebotes vor Ort einsetzen zu können.”
Zukünftige Ausrichtung des Krankenhauses: Bürgermeister pochen auf Informationen über die Pläne
Und weiter: „Irritiert hat uns bei den Verlautbarungen des St. Marien-Hospitals zur Schließung der Geburtenstation, dass unmittelbar mit Bekanntgabe der Nachfolgeplan eröffnet wurde, der eine für das Krankenhaus offenbar wirtschaftlich attraktivere Nutzung der Räumlichkeiten beinhaltet. Auch ein Mehr an gynäkologischen Untersuchungen aufgrund der bei den Fachärzten frei werdenden Kapazitäten wird als vorteilhaft beschrieben.
Es wäre deshalb hilfreich, wenn uns seitens des St. Marien-Hospitals die weiteren Pläne für die Ausrichtung des Krankenhauses erläutert werden könnten, insbesondere wie sich künftig die Relationen zwischen medizinischer Nahversorgung der örtlichen Bevölkerung zu medizinischen Fachdisziplinen mit deutlich überregionalem Einzugsbereich darstellen werden.”
Die Bürgermeister hätten natürlich erkannt, dass die Probleme für ein relativ kleines Krankenhaus bei der Aufrechterhaltung von wohnortnahen Angeboten auch eine Folge der Krankenhausplanung des Landes und der Vorgaben durch den Bund seien. Die Versorgung vor Ort sicherzustellen liege zudem in der Zuständigkeit des Landkreises. „Wir werden deshalb auch mit den dort jeweils verantwortlichen Personen sprechen, um für den Nordkreis des Landkreises Cloppenburg auch langfristig den Krankenhausstandort zu sichern”, schreiben Sven Stratmann, Nils Anhut, Hermann Block und Thomas Otto abschließend.