Telemedizin im Fokus (v.l.): Prof. Dr. Christian Weilbach (Chefarzt Anästhesie & Intensivmedizin im St. Josefs-Hospital Cloppenburg), Marcel Bittroff (Gemeindenotfallsanitäter), Andreas Krone (Geschäftsführer im St. Josefs-Hospital Cloppenburg), Landrat Johann Wimberg, Christoph Essing (Gesundheitsregion Landkreis Cloppenburg), Dr. Insa Seeger und Dr. Johanna Lubasch (Carl von Ossietzky Universität Oldenburg) und Matthias Hermeling (Stiftungsvorstand St. Pius-Stift). Foto: Frank Beumker

Eine gute Gesundheitsversorgung, auch wenn ein Arzt gerade nicht vor Ort sein kann: Um das auch in Zukunft im ländlichen Raum gewährleisten zu können, will der Landkreis moderne Telemedizin erproben.

west Kreis Cloppenburg. Im Projekt „Smart Emergency” will man die Vernetzung von Patienten, Sanitätern und Ärzten zur Fernbehandlung von Akutfällen entwickeln. Aktuell geht das Vorhaben nun in die nächste Testphase und zwar über ein neu installiertes 5G-Funknetz, das eine schnelle und komplexe Datenübertragung ermöglicht.

In Notfällen wird weiterhin über die Rufnummer 112 der Rettungsdienst samt Notarzt alarmiert. Aber in vielen Fällen braucht ein Patient eine schnelle ärztliche Betreuung, weil er schwer, aber nicht lebensbedrohlich erkrankt ist. Was vor allem bei älteren und chronisch schwer erkrankten Personen häufiger vorkommt. Und in genau solchen Situationen kommt jetzt der neue Telemedizinkoffer zum Einsatz.

Er enthält neben Medizingeräten wie Mobil-EKG, Messgeräte für Körpertemperatur Blutdruck, Blutzucker und Sauerstoffsättigung sowie weitere Basiselemente auch neue innovative Gerätschaften wie eine „Augmented-Reality-Brille” samt Headset und Tablet mit Kamera. Diese Brille spielt ergänzende digitale Daten vor das Auge des Trägers, die sich für ihn in die normale Live-Ansicht mit einfügen – nicht zu verwechseln mit „Virtual Reality-Brillen” (virtuelle Realität), die die tatsächliche Sicht der Augen durch eine künstlich simulierte auf einem Display auf der Innenseite der Brille ersetzt, z.B. für Videospiele.

Der Ersthelfer – das können Sanitäter, Pflegekräfte oder geschulte Betreuer sein – können mit den Geräten wichtige Vitaldaten messen und über das System in Echtzeit an teilnehmende Fachärzte im St. Josefs-Hospital und im Klinikum Oldenburg senden. Diese reagieren sofort und können anhand der Daten und weiterer Informationen aus der Video-Verbindung mit dem Patienten und den Helfern vor Ort die Diagnose stellen und über die erforderliche Behandlung entscheiden.

Soweit die Theorie, die nun in der Praxis getestet werden soll, für Akutfälle, aber auch für nicht-akute Telesprechstunden. Das erspart den Patienten ggf. mühsame Transporte und Zeitverlust und entlastet gleichzeitig Rettungsdienste und die Notaufnahme im Krankenhaus. Wichtig: Die Heimbewohner werden durch die Technik nicht zu „gläsernen Patienten”. Für das Projekt wurde ein umfassendes Datenschutzkonzept erarbeitet, das auch die kritische Prüfung der Medizinischen Ethikkommission der Uni Oldenburg bestanden hat. Die Patienten bzw. ihre gesetzlichen Vertreter werden vorher gefragt, ob sie mit dem telemedizinischen Einsatz einverstanden sind. Auf ihre klinischen Daten hat ausschließlich das jeweils eingesetzte medizinische Personal Zugriff.

An dem Projekt beteiligt sind unter Federführung des Landkreises das Cloppenburger St. Josefs-Hospital und das Pius-Pflegeheim – hier insbesondere die in Emstek angesiedelte „Phase F” für neurologisch austherapierte Patienten ohne Reha-Perspektive. Außerdem arbeiten das Klinikum Oldenburg, das Zentrum für Telemedizin Bad Kissingen und das Forschungsnetzwerk Notfall- und Intensivmedizin der Uni Oldenburg mit an der Erprobung und Auswertung. Das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) fördert das Vorhaben, das über insgesamt drei Jahre noch bis zum 31. Dezember 2024 läuft, aus einem 5G-Programm mit rund 2,4 Millionen Euro.