Ausstellungseröffnung in der Fachklinik St. Vitus Visbek mit (v.l.) Madlen Seelhoff (LCV-Referentin für Sucht und Psychiatrie), Dr. Thomas W. Heinz und Teréz Fóthy. Foto: Daniel Meier/Fachklinik

Vechta/Visbek. Eine Ausstellung mit Werken inhaftierter Frauen aus der JVA Vechta ist jetzt in der Fachklinik St. Vitus in Visbek zu sehen. Zuvor fanden die Bilder im Frauenmuseum in Bonn eine überwältigende Resonanz. Die Werke befassen sich teilweise mit dem oftmals voyeuristischen männlichen Blick auf die Frau. Initiiert wurde die Ausstellung von Teréz Fóthy, die als Künstlerin und Kunsttherapeutin in der Justizvollzugsanstalt für Frauen Vechta arbeitet sowie als Kunsttherapeutin in der Fachklinik St. Vitus Visbek.

Gezeigt werden Bilder, die im Rahmen von Kunstworkshops des Ateliers „Aktiv“ für künstlerische und kunsttherapeutische Intervention entstanden sind. Dabei beschäftigen sich die inhaftierten Frauen künstlerisch mit sehr persönlichen Neufassungen von bekannten Gemälden wie „Susanna im Bade“ von Corinth, „Frühstück im Grünen“ von Manet, „Prhyne vor dem Richter“ von J.L. Gérome, Les Demoiselles d` Avignion von Picasso oder „Ursprung der Welt“ von Courbet. Sie interpretieren die Werke aus der Frauenperspektive. „Mit den Übermalungen lösen sich die Malenden aus einengenden Verhaltensmustern und erarbeiten sich eine alternative Handlungsstrategie“, so Fóthy. Sie erstellen ihre Interpretationen mit verschiedenen Techniken.

Die meisten der Frauen waren zuerst Opfer – überwiegend von sexualisierte Gewalt – bevor sie selber Täterinnen wurden und sind dadurch auch traumatisiert. „Meiner Erfahrung nach und nach dem neuesten Forschungstand lässt sich bestätigen, dass diese Bindungsstörung in der Folge eines tiefen Traumas überwiegend in der Kindheit verankert ist. Das Schlimmste ist, dass es meist nicht die Tatsache des traumatisierenden Moments ist, sondern die Tatsache, dass man nicht in der Lage war, danach darüber zu sprechen, jemanden anzusprechen oder in die Kommunikation mit jemandem zu treten“, sagt die Therapeutin. Hier helfe die Kunst, sie stellt ein Ventil dar. Sie sei ein Weg, Frauen aufzufangen, auch wenn nichts andres mehr helfe, so Teréz Fóthy. Die kraftvolle und kreative Form der Kommunikation in der Kunsttherapie aktiviere neue Handlungs- und Lösungsmöglichkeiten, fördere die Persönlichkeitsentwicklung und schaffe einen geschützten Raum. Eine ganz neue Gruppenatmosphäre im künstlerischen Ausdruck und Erkunden werde geschaffen, die über die Grenzen des Gefängnisses hinausgehe. Das Thema habe viele Frauen in der JVA weitergebracht. Es sei zwar ein Tabuthema, aber auch eines, in dem sich Frauen selbst finden könnten.

Die Fachklinik St. Vitus bietet nun den Rahmen für die aktuelle Präsentation der Bilder. Geschäftsführer Dr. Thoma W. Heinz, der auch als Psychiater und Psychotherapeut in der JVA mit traumatisierten Frauen arbeitet, erklärt: „In den Bildern werden die Dramen der Frauen ausgedrückt“, was über Sprache oft nicht möglich sei. In der Fachklinik gebe es Frauen in ähnlichen Situationen. Daher biete die Einrichtung als erste in Deutschland eine Kunsttherapie in dieser Form des lösungsorientierten Malens (LOM) und begleitenden Malens nach Bettina Egger an. Zwei Ateliers (für Einzel- und Gruppentherapie) wurden dafür eingerichtet. Gerade bei Traumapatientinnen gebe es eine „Sprachlosigkeit“ in Folge der Traumafolgestörung. Daher sei das nonverbale Ausdrücken in Kunst, Musik und Gestaltung wichtig.